Im kleinen Weberort Haslach an der Grenze zu Tschechien drehen sich seit über 600 Jahren die Räder der Mühlviertler Ölmühle. Früher wurde hier Getreide mit Wasserkraft gemahlen, heute erzeugen Turbinen den Strom für die Gerätschaften der Ölpresse.

Endlich ist es soweit. Erst tröpfelt es nur, dann schießt das goldglänzende Öl literweise aus dem kleinen Metallrohr. Sepp Schürz streift seine staubigen Hände an der abgewetzten, hellblauen Jeans ab und stemmt zufrieden die Arme in die Seiten. Die schwere Arbeit ist getan und der erfahrene Ölmeister muss warten, bis der beigefarbene Krug voll ist.

Entspannt greift er nach seinem Teller mit Leinölerdäpfeln, setzt sich auf einen alten, hölzernen Schemel und tröpfelt etwas kaltgepresstes Leinöl aus einer dunkelbraunen Flasche über das traditionelle Gericht. Das Etikett zeigt die Ölmühle Haslach, eine der letzten Leinölmühlen Oberösterreichs. Und genau hier arbeitet Sepp Schürz seit über zehn Jahren.

Leinöl – gesund und gefragt

Inhaber Gunther Koblmiller steigt die knarzenden Holzstiegen hinauf. Es riecht intensiv, die Luft ist stickig. Der gelernte Baumeister krempelt die Ärmel seines grauweiß gestreiften Hemdes hoch und schnappt sich ein Bündel Fasern, an dem unzählige Fruchtkapseln hängen. „Im ersten Schritt muss der Leinsamen getrocknet werden“, weiß der Ölmüller und deutet auf einen Flechtkorb mit rotweiß kariertem Deckchen und dunkelbraunen Körnern. Beim althergebrachten Warmpressen werden anschließend die Samen gemahlen und gerührt. Sepp Schürz betreut heute alle Prozesse allein und schaufelt die Rührmasse geschäftig in den Röster.

Die hydraulische Presse übernimmt den letzten, entscheidenden Schritt. „Rund acht Liter bekomme ich mit bis zu 400 Bar Druck aus einem Zylinder Mehl.“ Sepp Schürz kennt die Fakten. An einem Arbeitstag produziert er gut 45-50 Liter Leinöl, pro Jahr etwa 10.000 Liter.Das Geschäft lohnt sich, denn Leinöl ist aufgrund des hohen Anteils an gesunden Omega-3-Fettsäure heute stark gefragt. Die Produktion steigt sogar jährlich um gut 10 Prozent. So wird in Kürze Theresa, die jüngste Tochter des Pensionärs Koblmiller, den Betrieb übernehmen und die mehr als 250 jährige Familientradition weiterführen.

Die besondere Note für Speisen

Gunther Koblmiller

Gunther Koblmiller mit einer Leinpflanze © Brigitte Bonder

„Viele Köche der Umgebung nutzen unser Leinöl,“ berichtet Regina Schürz stolz. Die Österreicherin arbeitet seit 20 Jahren in der Mühle und verkauft auch Distel- und Hanföl, Sonnenblumen-, Mohn- oder Sesamöl. Die traditionellen Arme-Leute-Gerichte der eher kargen Region sind auf dem Vormarsch, bekommen aber einen neuen Touch. Außergewöhnliche Kreationen entstehen. „Meine Lieblingskombination ist Vanilleeis mit Leinöl“, verrät Regina Schürz.

„Meinen Speisen gibt das Leinöl einen besonderen Geschmack und eine regionale Note“, findet Helmut Rachinger, Haubenkoch im Nahe gelegenen Mühltalhof. Der Familienbetrieb ist gleichzeitig Design-Hotel und gehobenes Restaurant. Die Zimmer zeigen mit breiten Fensterfronten zur Großen Mühl, die sich hier zum Naturbadesee aufstaut. Frühstück und Hauben-Menüs werden im großen Wintergarten serviert, der über dem Spa-Bereich schwebt.

Es sind nur noch wenige Stunden bis zum abendlichen Fünf-Gänge-Menü. Helmut Rachinger starrt in sein schwarzes Buch. Kein Kochbuch, sondern ein linierter Kalender. Unter dem heutigen Datum ist noch viel Platz. Das Menü entsteht gerade im Kopf des Mühlviertlers. Vor ihm liegen grüne Spargelstangen, halbe Hähnchen und frische Forellen. Die Stirnfalten entkräuseln sich und plötzlich schreibt der mit zwei Hauben ausgezeichnete Koch einer Eingebung folgend das Menü herunter. Kalbstartare mit grünem Spargel, Forellensuppe und Wildhenderl mit Brennesselspinat und Orfisch. Wie bitte? „Achso, das ist ein pochiertes Ei,“ schmunzelt der Mittvierziger.

Immer wieder erfindet er neue Gerichte aus regionalen Produkten, mixt die alten Rezepte mit neuen Kreationen. Gegen 18 Uhr wird es hektisch. Der Service beginnt. Helmut Rachinger legt eine Forelle auf den Teller, gibt die klare, asiatisch angehauchte Forellensuppe mit Ingwer und Zitronengras darüber. „Auf zu neuen Ufern“, tauft er seinen Zwischengang heute. Und zum Abschluss tröpfelt er vorsichtig das goldglänzende, kaltgepresste Leinöl aus der Haslacher Ölmühle auf die Fischsuppe.

Koch Helmut Rachinger bei der Arbeit © Brigitte Bonder

Weitere Informationen

Nationale Tourismusorganisation Österreichs
Klosterstr. 64, 10179 Berlin
Tel: 030/219148-0
Mail: deutschland@austria.info
Internet: www.austria.info

Informationen zum Mühlviertel auch unter: www.muehlviertel.at

Unterkunft
Schicke Design-Zimmer mit Blick auf die Große Mühl und hervorragende Haubenküche mit regionaler Küche bietet der familiär geführte Mühltalhof.
Mühltalhof
Fam. Rachinger-Eckl
Unternberg 6
A-4120 Neufelden
Tel: +43 (0) 7282 62 58
Mail: reception@muehltalhof.at
Internet: www.muehltalhof.at
Zimmer ab ca. 98 Euro inkl. Gourmet-Frühstück.

Restaurants
Ausgezeichnete Haubenküche mit saisonalen Gerichten und regionalen Produkten bietet der Haubenkoch Helmut Rachinger im Mühltalhof.
Mühltalhof
Helmut Rachinter
Unternberg 6
A-4120 Neufelden
Tel: +43 (0) 7282 62 58
Internet: www.muehltalhof.at
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag 18.00 bis 21.00 Uhr; Samstag & Sonntag 11.30 bis 14.00 Uhr

Kulinarium Vonwiller
Günther Wolfmayr
Stelzen 15
A-4170 Haslach an der Mühl
Tel. +43 (0) 7289/71316
Internet: www.gasthaus-vonwiller.at
E-Mail: office@gasthaus-vonwiller.at
Öffnungszeiten: Donnerstag – Dienstag von 9 – 24 Uhr. Mittwoch Ruhetag.

Leinölmühle
Das Mühlviertler Leinöl wird noch auf traditionelle Weise in Haslach hergestellt.
Ölmühle Haslach
Inhaber Gunther Koblmiller
A-4170 Haslach an der Mühl
Tel: +43 (0) 7289 71 213
Mail: info@oelmuehle-haslach.at
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8-12 und 14.30-17 Uhr.

Rezepte zum Nachkochen bietet das Buch…
„Mühlviertler Küche. Geschmack und Glück der Einfachheit“
Von Georg Friedl
Preis 24 Euro.