Die dunkle Nacht liegt über dem Urwald. Am Ufer des kleinen Sees vor Angkor Wat warten einige Frühaufsteher, um den berühmtesten Tempel Kambodschas bei Sonnenaufgang zu fotografieren.

Schon vor dem Morgengrauen ist die Luft drückend heiß, es herrscht Tropenhausatmosphäre in vollkommener Finsternis. Taschenlampen blitzen zwischen den Palmen hervor und erhellen den holprigen Weg aus unregelmäßig verlegten Steinplatten. Das morgendliche Konzert der Grillen mischt sich unter leises Getuschel. Der Morgenhimmel färbt sich sanft rosa und die Silhouette der drei markanten Türme zeichnet sich in dunklem Grau ab. Der knapp eintausend Jahre alte Tempel spiegelt sich in den beiden, vor der großen Ehrenterrasse des Bauwerks gelegenen Teichen. Es ist das beliebteste Fotomotiv Kambodschas – und das Wahrzeichen des Landes.

„Only one Dollar“

„Do you want postcards“, ein kleines Khmer Mädchen wartet vor dem Tempel Angkor Thom auf Touristen. Jedem bietet sie mit einem freundlichen Lächeln Zehnerpakete mit Tempelmotiven an. Leicht abschütteln lässt sie sich nicht. Sie ist schlagfertig, spricht sogar einige Brocken Deutsch. Vor den berühmtesten Tempeln drängen sich viele kleine Händler und bieten Schals, Armbänder oder kopierte Bücher an.

Nach wenigen Stunden klingelt der Satz „Only one Dollar“ in den Ohren – die Andenken haben einen Standardpreis. Bereits wenige Schritte abseits der Hauptsehenswürdigkeiten ist jedoch nur noch tropisches Vogelgezwitscher zu hören. Im dichten Wald aus Würgefeigen und Kapokbäumen sind in angenehmer Ruhe unzählige Tempel und steinerne Überreste des ehemaligen Königreiches zu entdecken.

Tempeltänzer in Angkor Wat - Moderne Apsaras

Tempeltänzer in Angkor Wat - moderne Apsaras ©Melanie Kiel

Angkors Tempel

Die über 200 Quadratkilometer große Region Angkor liegt nördlich der kambodschanischen Stadt Siem Reap inmitten des Dschungels. Zwischen dem neunten und 15. Jahrhundert war Angkor das Zentrum des Khmer-Königreiches Kambuja – einer Hochkultur, die architektonische Meisterleistungen vollbrachte. In der Region wurden nacheinander mehrere Hauptstädte unter verschiedenen Herrschern errichtet. Angkor Wat ist der größte der mehr als 1000 Tempel, deren grau verwitterte Sandsteinspitzen noch heute aus dem dichten Urwald hervorschauen.

Die Weltkulturerbestätte ist ein Besuchermagnet. Zu Stoßzeiten drängen sich viele hundert Touristen vor den berühmtesten Tempeln. Wer die Massen scheut, sollte sich gegen den Strom bewegen. Mittags ziehen die 200 steinernen Gesichter des Angkor Thom, die von den Türmen in alle Himmelsrichtungen schauen, nur wenige Besucher in ihren Bann. Am frühen Nachmittag ist der Angkor Wat relativ leer, etwas später lohnt sich die Fahrt zum Urwaldtempel Ta Phrom. Die Wurzeln der riesigen Bäume ranken sich entlang der Mauern und verleihen dem Tempel wildromantisches Flair.

Fischmassagen und Tomb-Raider Cocktail

Nach einem langen Tag bietet die Kneipenmeile in Siem Reap Entspannung. Der neuste Trend ist hier eine Fischmassage. Für drei Dollar knabbern kleine Fische die Haut an den geschundenen Füßen ab, ein kitzelndes Erlebnis. Gestärkt mit dem Tomb-Raider Cocktail in der traditionellen Red Piano Bar geht es abends in die Pub Street. Ein paar US Dollar in der Tasche reichen aus. Überall vom Straßenmarkt bis zum schicken Restaurant kann in Dollar bezahlt werden. Ein Mindestpreis von einem Dollar scheint sich durchgesetzt zu haben. Nur ein frisch gezapftes Bier gibt es für 75 Cent.

Doch Kambodscha ist mehr als Angkor Wat. Über Land führt eine regelmäßige Busverbindung in die pulsierende Metropole Phnom Penh. An den Fenstern rauschen die saftig grünen Reisfelder des Hinterlandes vorbei. Kühe stehen am Straßenrand, der Reis trocknet auf großen, bunten Plastikplanen. Der Ausblick wird untermalt von lauter Karaoke Musik. Während die einheimischen Reisenden fröhlich mitsingen, empfiehlt sich für westliche Touristen ein MP3 Player mit hoher Akkulaufzeit. Nach fünf Stunden Fahrt wechselt das Bild. Unzählige Mopeds drängen sich hupend durch die Straßen der geschäftigen Hauptstadt Kambodschas. Auf den Bürgersteigen stehen kleine Marktstände mit exotischen Früchten, am Straßenrand warten Tuk Tuk Fahrer auf Gäste.

Junge Mönche in Kambodscha

Junge Mönche in Kambodscha © Brigitte Bonder

Phnom Penh

Es ist heiß in der Stadt. Die Luft ist drückend, an lange Spaziergänge ist nicht zu denken. Kein Grund, die Sehenswürdigkeiten Phnom Penhs nicht aufzusuchen. Im Tuk Tuk weht ein frischer Wind und der Fahrer wartet gern im Schatten dösend vor den Tempeln und Museen.

Früh morgens ist im Königlichen Palast noch wenig los. Die strahlend weißen Gebäude mit pagodenartigen, gelbroten Dächern und verschnörkelten Giebeln verteilen sich in einem gepflegten Garten mit Seerosenteichen, kunstvoll beschnittenen Bäumen und kleinen Palmen. Besonders sehenswert sind die prächtige Thronhalle und die Silberpagode, die mit tausenden Silberplatten ausgelegt ist und den kostbarsten Altar der Welt beheimatet: Ein Buddha aus purem Gold, viele tausend Diamanten und ein Smaragdbuddha bringen den Schrein zum Leuchten.

Das Nationalmuseum nebenan zeigt in einem rosafarbenen, französischen Gebäude hunderte Skulpturen aus der Angkor Periode. Einen Überblick über die dunkle Seite der Historie des Landes bietet das Tuol-Sleng Museum. Unzählige Portraits von Gefangenen starren in dem ehemaligen Konzentrationslager von den Wänden herab, Folterinstrumente sind in den Zellen ausgestellt.

Bergtempel Wat Phnom

Ein Ort der Ruhe in der quirligen Hauptstadt ist der Wat Phnom. Der Bergtempel leuchtet strahlend weiß, rosa Löwen bewachen am Eingang den riesigen Altar im Innenraum. Hier hat die Moderne Einzug gehalten, bunte Lichter blinken hinter einem kleinen Buddhakopf. Viele Einheimische sitzen auf dem Rasen rund um den Tempel und picknicken. Der Eintritt? Natürlich „only one Dollar“. Andenken gibt es auf dem trubeligen Russenmarkt, dem Psah Tuol Tom Pong. Der touristische Markt bietet alles von T-Shirts über Taschen und Schuhen hin zu gut kopierten Büchern, Buddhafiguren und Kosmetikartikeln.

Der letzte Stopp der 20 Dollar Tagestour ist das berühmte FCC Hotel direkt am Fluss Tonle Sap. Bei einer Pina Colada zur Happy Hour ist der Blick auf den dunklen Fluss und die Straßen mit ihren fahrenden Märkten, hupenden Tuk Tuks und den leuchtenden Werbeplakaten am Fluss ein würdiger Abschluss des Tages.

Auf der Lebensader Kambodschas, dem Mekong, geht es am nächsten Tag mit dem Schnellboot gen Süden nach Vietnam. 21 zerknitterte Dollarscheine wechseln den Besitzer und knappe fünf Stunden springt das kleine, weiße Hang Chau Tourist Schiff über die braunen Wellen des breiten Flusses. An den Ufern winken Kinder, die Häuser der Fischerdörfer stehen auf hohen Stelzen direkt am Wasser. Frauen waschen ihre Wäsche im bräunlichen Fluss, Holzboote knattern mit ihren lauten Motoren durch die Fluten. Erster Stopp ist an der kambodschanischen Grenze. Das Boot legt an einem wackeligen Holzsteg an und die Reisenden wandern entlang kleiner Hütten zur Kontrollstelle. „Do you want bananas?“ die Dorfbewohner versuchen noch letzte Geschäfte zu machen. „Only one Dollar!“ Mit einem bürokratischen Blick wird die Ausreise aus Kambodscha besiegelt. Die drei Türme des Angkor Wat sind im Reisepass verewigt.


Reiseinformationen und Reisetipps zu Kambodscha:

Anreise nach Kambodscha:

Flug von Frankfurt mit Korean Air mit nur einem Stopp über Seoul direkt nach Siem Reap. Lange Flugzeit, aber guter Preis ab ca. 800 Euro return.

Flug von Frankfurt mit Vietnam Air mit nur einem Stopp über Ho Chi Minh City nach Phnom Penh. Ab ca. 900 Euro return.

Unterkünfte in Kambodscha:

Siem Reap

Borei Angkor Resort & Spa

Traditionell kambodschanisches Fünf-Sterne Hotel nahe der Innenstadt von Siem Reap. Riesiges Frühstücksbuffet, großzügige Zimmer, Pool und Spa. Die Khmer Tradition wird über Musik, typisches Essen, Hoteleinrichtung und Kostüme der Mitarbeiter im Hotel fortgeführt.
Zimmer ab ca. 120 Euro.

www.boreiangkor.com

Hotel de la Paix

Das Fünf-Sterne Boutique Hotel liegt im Herzen von Siem Reap und wurde zu den „101 Best Hotels in the world“ des UK Tatler Travel Guide gewählt (Ausgabe 2011). Strahlend helle, großzügige Zimmer. Großer Spa Bereich und Infinity Pool mitten in der Stadt.
Zimmer ab ca. 200 Euro.

www.hoteldelapaixangkor.com

Angkor Way Hotel

Ausgezeichnetes Hotel mit Pool zum kleinen Preis. Die Lage ist für Tempelbesucher optimal: Das Hotel liegt auf dem Weg von Siem Reap nach Angkor Wat.
Zimmer ab ca. 25 Euro

www.angkorwayhotel.com


Phnom Penh

Lebiz Hotel + Library

Zentral gelegenes Hotel mit modernen Zimmern. Sehr gutes Restaurant in der stylischen Lobby mit Ausblick auf das quirlige Phnom Penh. Kleine Bibliothek mit Zeitungen und Büchern.
Zimmer ab ca. 60 Euro

www.lebizhotel.com