Schwarzwälder Kirsch, Linzer Torte, Frankfurter Kranz – die vielen Köstlichkeiten stehen nicht etwa in einer Konditorei, sondern auf dem Bauernmarkt in Puntagorda, einem kleinen Ort im Nordwesten von La Palma.
Hinter der Theke bedient Werner Schimeck. Geschickt platziert er die Tortenstücke aufs Tablett, packt ein, kassiert und wendet sich mit einem Lächeln dem nächsten Kunden zu.  Und Werner Schimeck ist keineswegs Konditor. Der 66-Jährige war im Schwarzwald Innenarchitekt, bevor er sich vor 14 Jahren auf der kanarischen Insel mit dem Kuchenbacken eine Existenz aufbaute. „Es war das milde Klima, das mich herzog. Das Backen von Torten habe ich mir mit einfachen Mitteln selbst beigebracht“, erinnert sich Schimeck. Nahe dem kleinen Dorf Las Tricias lebt und arbeitet der Vater in einer ehemaligen Mühle. „Rund 60 Kuchen backe ich jede Woche. Der Renner ist die Engadiner Walnusstorte, eine Spezialität, die ich aus dem Schwarzwald mitgebracht habe“, schwärmt der selbsternannte Zuckerbäcker.

Streben nach Ruhe

Die meisten europäischen Einwanderer auf der Kanareninsel sind Deutsche. Waren es in den sechziger, siebziger Jahren die Aussteiger der Hippiebewegung, die in den Höhlen der einstiegen Ureinwohner, in selbstgebauten Hütten oder an einsamen Buchten ihr Glück suchten, so sind es heute ausgebrannte Karrieristen, die auf der drittkleinsten Insel der Kanaren nach mehr Ruhe und Ausgeglichenheit streben. Viele von ihnen erhoffen sich eine neue Existenz. Der moderne Aussteiger vermietet Gästebetten, renoviert Häuser, kreiert Schmuck oder backt Schwarzwälder Kirschtorte.
Auf der wasser- und waldreichsten Insel des kanarischen Archipels ist die Landwirtschaft Haupteinnahmequelle der Palmeros. Deshalb hat sich die Isla Verde, grüne Insel, wie sie von kanarischen Nachbarn anerkennend genannt wird, erst später und wesentlich sanfter dem Tourismus geöffnet. Bei gleich bleibenden Frühlingstemperaturen bietet die Insel mit einem rund 850 Kilometer gut ausgebauten Wanderwegenetz das ganze Jahr über vor allem Naturfreunden und Aktivurlaubern ein ideales Klima.
Auffällig sind die Naturvielfalt und die Kontraste der Insel: hohe Gebirgszüge von fast 2500 Meter Höhe und kraterartige Vulkanlandschaften, tief eingerissene Schluchten und schroffe Steilküsten, ausgedehnte Kieferwälder und Reste von tertiären Lorbeerwäldern oder Jahrhunderte alte Drachenbäume. Hinter jeder Biegung, von jeder Anhöhe ist ein Panoramablick garantiert und fast immer unverstellt auf den Atlantik.

Kanarische Kunst und Kulinarik

Das kleine Fischerörtchen Puerto de Tazacorte

Das kleine Fischerörtchen Puerto de Tazacorte / © Michaela Arlinghaus

Besonders stolz sind die Palmeros auch auf die Kulturgeschichte ihrer isla bonita, der schönen Insel. Die ersten Einwanderer kamen 2.000 vor Christus aus Nordafrika. Die Altkanarier, die seit ihrer Eroberung durch die Spanier auch Benahoaritas, benahoare – mein Land, genannt werden, lebten in Wohnhöhlen, die an vielen Stellen der Insel heute beliebte Ausflugsziele sind. Ende 2009 hat die Inselregierung die Eröffnung eines weiteren von jetzt drei Themenparks beschlossen, in denen das Leben und Überleben der frühen Inselbewohner studiert werden kann.
Zahlreiche Fundstücke aus dieser Zeit hat Ramón Rodriguez mit seiner Frau Vina genauer untersucht. In einer ehemaligen Mühle, fertigen die Kunsthandwerker Schüsseln und Schalen nach prähistorischem Vorbild an. Rodriguez führt Besucher gern durch sein Atelier und lässt sich bei der Arbeit über die Schulter schauen. „Wir bearbeiten den schwarzen Ton ohne Drehscheibe mit den Werkzeugen, die auch damals verwendet wurden und verzieren die Reproduktionen mit einem Holzspachtel“, erklärt Rodriguez. Seine Töpferwerkstatt El Molino ist auch Ausstellungsraum für zahlreiche archäologische Fundstücke, die teilweise auf 800 bis 900 Jahre geschätzt werden.
Dass die Palmeros das traditionelle Kunsthandwerk schätzen und pflegen, zeigt sich an zahlreichen Stellen der Insel. In Mazo, wenige Minuten von der Keramikmühle entfernt, gibt es eine Kunsthandwerkerschule, das Museum Casa Roja dokumentiert die alljährliche Fronleichnamsprozession und stellt traditionelle Stickereien aus.
In unmittelbarer Nachbarschaft, auf dem Bauernmarkt von Mazo, zeigen Frauen die alte Sticktechnik, mit der noch heute Trachten, Aussteuer, Tischdenken aufwendig verziert werden. So viel Kunst macht hungrig. Im unteren Geschoss der Markthalle bieten Händler kulinarische Köstlichkeiten feil: Marmeladen, Mandelmus, Wein, Ziegenkäse, Avocados. Oder eben ein Stück Schwarzwälder Kirsch, das Maria – Kollegin des Zuckerbäckers aus Puntagorda – den Besuchern schmackhaft auf der Hand serviert.

Reisetipps La Palma

Anreise:

Flughafen von La Palma liegt an der Ostküste, 8 Kilometer südlich der Hauptstadt Santa Cruz. Mit dem Flugzeug wird die Insel von den großen Chartergesellschaften mehrmals die Woche angeflogen; z.B. Air Berlin bereits ab 119 Euro; Anreise auch über Teneriffa und Gran Canaria mit täglichen Anschlussflügen und Fähren nach La Palma. Flugzeit circa 4 Stunden. Gültiger Reisepass, bzw. Personalausweis für EU-Staatsbürger ausreichend. Im Flughafengebäude von La Palma befindet sich eine Touristeninformation (Mo-So, 8-21 Uhr geöffnet)

Essen und Trinken:

Besonders beliebt sind die Süßspeisen der Insel und der Inselwein. Ein süßer Dessertwein wird aus der Malvasíatraube gewonnen. Und der einheimische Vino de tea, ist ein Rotwein, der im Holzfass reift, das aus der Kanarischen Pinie gefertigt wird. Probieren lassen sich die Inselweine im Weinmuseum in Las Manchas. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 9.30 -13.30 Uhr und von 16 -18.30 Uhr; Samstag von 9.30-14 Uhr.
Inseltypische Süßspeisen werden häufig aus Mandeln zubereitet. So gibt es die Mandelplätzchen (Almendrados), Rapaduras (kleine Kegel mit Zuckerrohrsirup, Gofio, Zucker, Mandeln und Zimt) und das Bienmesabe (übersetzt: Es schmeckt mir gut), die vielleicht leckerste Nachspeise aus Eiern, Biskuit, gemahlenen Mandeln, Zucker und geriebener Zitronenschale. Selbsthergestellten Mandelmus bieten seit vielen Jahren die Deutschen Marina und Wolfgang auf dem Bauernmarkt in Puntagorda an.

Unterkünfte:

Ruhe und Romantik lässt sich im Hotel La Palma Romantica finden, oberhalb von Barlovento im Norden der Insel inmitten der grünen Berglandschaft; Spezialangebot bis 18. April: 175 Euro für sieben Nächte pro Person mit Frühstück für zwei Erwachsene im Doppelzimmer.
www.hotellapalmaromantica.com
Ein schönes Hotel am Meer (auch Biosphärenhotel): Apparthotel Hacienda San Jorge am Strand von Los Cancajos (Breña Baja), Übernachtung ab 33 Euro
Individual Unterkunft in alten Landhäusern, meist abseits der größeren Orte, Vermittlung über Karin Pflieger,040/5604488
www.la-palma-turismo-rural.de
Deutschsprachiger Anbieter auf La Palma:
www.la-palma.de

Restaurants:

In dem kleinen reizvollen Fischerort Tazacorte mit seinen bunten Häusern lässt sich nach einer ausgiebigen Wanderung Fisch und Meeresfrüchte im Restaurant Kiosco Teneguía essen. In dem Biosphärenrestaurant (ein Titel, den die Tourismusverantwortlichen der Insel für besondere Qualität der Produkte, Umweltverträglichkeit und eine gepflegte Gastronomie der Region verleihen) sitzt der Gast in geschützter Strandbucht direkt am Meer und genießt den Ausblick.
Mit ganz besonderem Flair zeigt sich der kleine Ort San Andrés im Nordosten der Insel. Tropische Gärten, Bananenplantagen, leuchtender Hibiskus, hohe Palmen – im gleichnamigen Restaurant sitzt der Gast mitten auf der Plaza im Schatten der ältesten Kirche der Insel neben alten Rosenstöcken. Serviert werden frische Fisch- und Fleischgerichte; Mittwoch Ruhetag, geöffnet ab 12 Uhr.
Gebaut in eine natürliche Höhle ist das Restaurant El Palacio del Vino; hier werden Tapas und typische Gerichte aus La Palma serviert; Los Llanos de Aridane, Avenida Tanausu 21; Dienstag Ruhetag, Öffnungszeiten ab 13 Uhr.

Weitere Reiseinformationen:
www.lapalmaturismo.com

Michaela Arlinghaus
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