„Im tiefen Keller sitz ich hier“, schallt der dunkle Bass von Ivan Rebroff aus dem Untergrund. Die kleine Gruppe vor dem Getränkehandel Krempel schaut sich verwundert um. „… bei einem Fass voll Reben“, dröhnt es weiter. Direkt neben der kleinen Treppe zum Anliefertor klappt Rolf Zang eine unscheinbare, graue Holzklappe hoch und geht voran. „Bin frohen Mut’s und lasse mir, vom Allerbesten geben“. Ivan wusste damals schon, was eine ordentliche Weinprobe ist.

Eine leicht brüchige, alte Steintreppe führt in die Unterwelt hinab. „Und trinke, trinke, trinke“, lallt der vollbärtige Sänger seine erste Strophe zu Ende. Rolf Zang drückt auf die Stopp-Taste des alten Kassettenrekorders. „Willkommen im ersten Weinkellergewölbe von Traben-Trarbach“, begrüßt er die Gäste seiner Unterwelten-Führung an der Mosel und referiert in alter Lehrermanier über die Geschichte seiner Heimatstadt.

Traben-Trarbachs goldene Zeiten

Zahlreiche Teelichter flackern im historischen Felskeller der ehemaligen Weinkellerei Schmoll und Boerner. Hier wurden bis in die 1960er Jahre dutzende Weinfässer gelagert. „Der Keller wurde wegen seiner Ausmaße auch Domkeller genannt“, weiß Rolf Zang. Der pensionierte Lehrer kennt die Traben-Trarbacher Unterwelt wie seine Westentasche und schmückt seine Erklärungen mit Anekdoten rund um den Moselriesling. Vier Granitsäulen mit rostigen Stahlbändern stützen das alte Kreuzgratgewölbe, von der Decke hängen stoffartige Geflechte herab. Der Keller ist schon lang nicht mehr in Betrieb.

Noch um 1900 war Traben-Trarbach nach Bordeaux der zweitgrößte Weinumschlagplatz Europas. Der deutsche Riesling war sehr gefragt, zahlreiche Fässer wurden nach Großbritannien exportiert. Die protestantische Stadt betrieb regen Handel mit Gemeinden gleicher Gesinnung. „Ganz im Gegensatz zum streng katholischen Bernkastel-Kues“, betont Rolf Zang. Über 100 Weinfirmen waren um die vorletzte Jahrhundertwende in der Jugendstil-Stadt ansässig. Für die Lagerung der unzähligen Holzfässer wurden große Flächen Traben-Trarbachs mit über 100 Meter langen Gewölben unterkellert. Es entstand eine einmalige Unterwelt, die in diesem Jahr sogar für einen unterirdischen Wein-Nachts-Markt genutzt werden soll.

Rolf Zang zeigt sein Traben-Trarbach © Brigitte Bonder

Rolf Zang zeigt sein Traben-Trarbach © Brigitte Bonder

Rolf Zang führt regelmäßig Besucher durch die alten Gewölbe. Mit seinem großen Schlüsselbund hat der Pensionär Zugang zu fast allen Weinkellern der Stadt. Auch beim Winzer Peter Storck kehrt er ein. Staubige Vorkriegs-Stromleitungen mit alten 42-Volt Glühbirnen beleuchten die modernen Stahlgitterkörbe, in denen Weine aus dem Vorjahr lagern. „Wir etikettieren zum Teil noch selbst“, erzählt der Winzer.

Moderne Edelstahltanks stehen neben alten Holzfässern. Es riecht nach Maische. Ständig rollen die kleinen, grünen Traktoren heran und liefern frische Trauben. „Probiert mal meinen Riesling aus dem Trabener Würzgarten.“ Peter Storck schenkt großzügig ein. Auf seinen Gläsern schreitet ein Storch mit hocherhobenem Schnabel. Echt Storck, lautet sein Motto. Stolz steht er in kurzen, grünen Gummistiefeln im Eingangsbereich seines kleinen Weinguts in der Grabenstraße in Trarbach und genießt selbst einen Schluck seines Rebsaftes.

Federweißer mit Zwiebelkuchen

Nach zwei Stunden in den Kellern der Stadt lockt die Traben-Trarbacher Oberwelt mit strahlendem Sonnenschein. Das Weinlaub leuchtet herbstlich bunt, die Lese hat begonnen. An den steilen Moselhängen wird in mühevoller Arbeit von Hand gelesen, auf den flachen Hängen sind die langbeinigen Vollernter unterwegs. „Das ist nur mein Nebenjob“, grinst Michael Trossen von der Erntemaschine herab. „Eigentlich bin ich Winzer.“ Zur Hauptsaison sitzt er den ganzen Tag auf dem Bock und pflückt für kleinere Weingüter vollautomatisch die für die Moselregion typischen Rieslingtrauben.

Sein Namensvetter Jörg Trossen versucht sich seit Jahren erfolgreich auch am Rotwein, der gut 30 Prozent seiner Produktion ausmacht. Gerade steckt er mit seiner Familie mitten in der Dornfelderlese. In seiner kleinen Straußwirtschaft wird Federweißer mit Zwiebelkuchen serviert. Der sonnige Ausblick über die Weinstadt ist inklusive. Auf der anderen Seite der Mosel zieht ein aufwändig restauriertes Weingut die Blicke an. „Ein Buddha-Museum würde hier keiner vermuten, aber der Besuch lohnt sich nicht nur bei Regenwetter.“ Lydia Unger ist Leiterin des Museums und kennt jede der über 1000 großen Statuen, die der Sammler Claus Rettig hier ausstellt. „Die asiatischen Figuren mit den klassischen Weinbergen im Hintergrund lassen nicht nur das Fotographenherz höher schlagen“, findet sie und streichelt sanft über den roten Sockel eines burmesischen Dorfbuddhas.

Zur Weinprobe

Die Zeit zwischen Ganeshas und Buddhas ist rasch vergangen. Die Sonne versteckt sich schon hinter den Weinbergen, es ist Zeit für eine Weinprobe im historischen Stadtteil Trarbach. In der bunt belaubten Innenhofterrasse des Weinguts Caspari serviert Albrecht Eggert einen Riesling aus der Enkircher Ellergrub. Er hat sich den Traum vom Winzerleben erfüllt und erwarb zwei Weinbergsparzellen mit wurzelechten Riesling-Reben. „Wir wollen diese Weinkulturlandschaft für die nächste Generation erhalten und vor der Rodung retten“, erklärt er sein Bestreben. Gekauft hat er das Land vom Klitzekleinen Ring. Die Organisation kümmert sich um die Erhaltung der Steillagen an der Mosel und bringt jedes Jahr eine Bergrettungs-Weinedition heraus.

Einen alten Weinkeller hat Albrecht Eggert natürlich auch. Hinter einem unscheinbaren Gartentor schließt der junge Winzer die Kellertür auf und schaltet die historische 42-Volt Lampenreihe an. Das Ende des stollenartigen Kellers liegt direkt unter der Trarbacher Kirche. In schmalen, gemauerten Fächern liegen verstaubte Flaschen aus vergangenen Jahren, ein besonderer Weingenuss gut versteckt im tiefen Felskeller. Da ist es unverständlich, warum Ivan Rebroff in der zweiten Strophe seines Kellerliedes dem guten Wein entsagt und auf Hochprozentiges umsteigt.


Mosel-Schiffe © Brigitte Bonder

Mosel-Schiffe © Brigitte Bonder

Weitere Informationen und Buchung der Unterwelten-Führungen

Tourist-Information Traben-Trarbach, Am Bahnhof 5, D – 56841 Traben-Trarbach

Tel: 0 65 41 – 8 39 80

E-Mail: info@traben-trarbach.de

Internet: www.traben-trarbach.de


Unterkünfte:
Romantik-Jugendstilhotel Bellevue

Direkt an der Mosel liegt das Jugendstilhotel Bellevue. Das abwechslungsreiche Vier-Sterne Haus bietet individuell gestaltete Zimmer und Suiten, die alle im Internet per 360 Grad View vorab anzuschauen sind. Die hervorragende Küche genießt man im historischen Restaurant Clauss-Feist mit Blick über die Mosel und auf die alte Burgruine Grevenburg. Doppelzimmer je nach Saison ab 135 Euro.

An der Mosel 11, D-56841 Traben-Trarbach

Telefon: +49 (0)6541/7030

Internet: www.bellevue-hotel.de

Mail: info@bellevue-hotel.de


Aktivitäten

Geführte Radtouren und Fahrradverleih:

Camphausen Bikes&More, Gewerbegebiet, 56841 Traben-Trarbach/Wolf

Tel: 0 65 41 – 32 76

E-Mail: info@bikes-and-more.com

Internet: www.bikes-and-more.com

Verleih inkl. Lieferung der Räder zum Hotel: E-Bike 25 Euro / Tag, Trekkingräder 12 Euro / Tag.


Buddha Museum

Bruno Möhring-Platz 1, 56841 Traben-Trarbach

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr

Tel.: 06541-816518-0

E-Mail: info@buddha-museum.de

Internet: www.buddha-museum.de


Wein und Genuss

Straußwirtschaft mit Panoramablick. Besichtigung des hochmodernen Weinkellers möglich.

Weingut Trossen, Alter Brauer Weg, 56841 Traben-Trarbach

Tel: 0 65 41 – 29 37

E-Mail: info@trossen-weine.de

Internet: www.trossen-weine.de


Gemütliche Innenhofterrasse mit typischer Winzerkost.

Straußwirtschaft und Weingut Caspari, Weiherstraße 18, 56841 Traben-Trarbach

Tel: 0 65 41 – 57 78

Internet: www.weingut-caspari.de


Reiseführer:

Zur Einstimmung auf das Weingebiet empfiehlt sich der DuMont Bildatlas Mosel mit zahlreichen Fotos und Reisekarten.

DuMont Bildatlas Mosel

Fotografie: Rainer Hackenberg

Text: Wolfgang Veit, Diana Schanzenbach und Rita Henß

Preis: 8,50 Euro